WiWi Gast schrieb am 24.04.2020:
Danke für deine Erklärung, finde ich ganz interessant aber im Prinzip deckt sich das mit meinen Beobachtungen. Trotzdem muss man sagen, dass es auch mit Einkommen in der Range 200k+ (= unser HH-Einkommen) mittlerweile schwierig ist ein EFH zu finanzieren. Zumindest wenn man eine seriöse Rechnung aufstellt. Das Problem ist, dass viele ihre Einkommen beliebig in die Zukunft fortschreiben plus Boni einrechnen. Ich bin Berater und ich gebe mich nicht der Illusion hin, dass es auch mal schwierigere Zeiten geben wird (so wie jetzt) plus man ohnehin großzügige Abschläge für etwaige Kinder machen sollte.
Will sagen: bei vielen dieser Finanzierungen ist einiges an Optimismus dabei. Dieser dürfte nun erstmal bei vielen weggeblasen sein. Insofern wird man das auch früher oder später auf der Nachfrageseite spüren.
Die seriöse Finanzierung ist eben das Problem. Wenn man Geld für 1% Zinsen oder weniger bekommt (und das dann auf 10 Jahre festgeschrieben), dann steigt natürlich die scheinbare Kaufkraft massiv.
500k€ Kredit zu 1% Zinsen und 2% Tilgung gibt gerade mal eine Rate von 1.250€ monatlich. Das kann sich scheinbar fast jeder leisten. Selbst bei einem Haushaltseinkommen von 4.000€ liegst du im Bereich der als solide angesehen ~30% Belastung. Und 4.000€ Haushaltseinkommen schafft man relativ schnell auch mit nicht-akademischen Jobs oder als mittelprächtig verdienender Akademiker.
Die gleiche Rechnung gilt natürlich auch bei 1 Mio. € Kredit mit einer Rate von 2.500€ pro Monat und einem Haushaltseinkommen von 8.000€. Das ist dann der MUC-Case mit zwei Akademikern in guten Jobs.
Daher kosten mittlerweile auch in vielen Großstädten halbwegs brauchbare Immobilien 500-600k€ und gute Immobilien schnell 800k€+ bzw. in den teuersten Städten wie München und Umgebung halbwegs brauchbare Immobilien 800-900k€ und gute Immobilien deutlich im Millionenbereich. Man scheint es sich ja leisten zu können.
Das Problem: Bei den niedrigen Zinsen ist 2% Tilgung viel zu wenig und man hat nach 10 Jahren gerade mal 21% der Schulden abgetragen, eine Volltilgung dauert zu den Konditionen über 40 Jahre. Aber für den Moment (bzw. durchaus die ersten 10 Jahre ohne Jobverlust/ Scheidung) funktioniert die Rechnung. Dumm ist es dann nur, wenn in 10 Jahren die Zinsen gestiegen sind. Oder wenn man kein zusätzliches Kapital für Sondertilgungen bzw. eine niedrigere Refi nach 10 Jahren nutzt. Ansonsten zahlt man bis zum Rentenbeginn oder darüber hinaus sein Haus ab.
Seriös gerechnet wäre in meinen Augen eine anfängliche Tilgungsrate von 4-5%, weil ich dann in 18-22 Jahren die Finanzierung durch habe (und man dann noch ein paar Jahre vor der Rente sein sollte). Die seriös gerechneten rund doppelt so hohen Raten könnte sich dann aber kaum noch wer leisten.
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