Die Sache bei sowas ist doch immer:
Wenn man solch eine Abschlussarbeit/Diss anfertigt, sucht man (un)bewusst immer nach Beispielen, die das Thema aktuell behandeln und auch in irgendeiner Weise auch bestätigen. Also in entsprechenden Papers, Bitkom-Beiträgen, Veröffentlichungen der Anbieter des Betrachtungsgegenstandes usw. Und die übertreiben naturgemäß immer. Da werden sich ganz toll anhörende Anwendungsbeispiele breitgetreten und so als Tatsache dargestellt. Vor allem von Anbietern einer Neuerung. Die wollen das halt auch verkaufen.
Ob und wie sich das dann so durchsetzt in der Realität ist immer die andere Frage. Man kann die beste Technologie vorschlagen und einführen. Solange die aber nicht von den Angestellten und den Nachfragern gelebt und gewünscht wird, bringt das aber erstmal wenig.
Dasselbe bzgl Rationalisierung wurde auch bei der Automatisierung in der Produktion, BI im Controlling und Reporting, CloudDiensten usw prognostiziert. Zudem lösen Dienste wie zB Wolfram Alpha schon 10 Jahre lang Matheformeln usw.
Deswegen halte ich Aussagen wie "wird 90% der Bürojobs zu 90% wegrationalisieren" für extrem unseriös und mit objektiven Fakten und Zahlen nicht belegbar. Warum nicht "wird 60% zu 60% wegrationalisieren" usw? Oder 70%?
Wo ich dir rechtgebe: Die Summe der von Menschen erledigter Arbeit wird dadurch wahrscheinlich abnehmen. Wie viel das aber im Endeffekt sein wird und in welchem Zeithorizont, das steht völlig in den Sternen.
Am besten werden meiner Meinung nach die Jobs dastehen, welche als letzte Instanz (staatlich garantiert) gelten (Notare, Richter) und vor allem Jobs mit hoher zwischenmenschlicher Komponente (Erzieher, Lehrer, Vertrieb, Heilberufe usw).
Ich selbst bin Lehrer in der Oberstufe für IT und BWL. Experimentiere auch mit ChatGPT. Habe zb auch eine Übungsaufgabe durch ChatGPT erstellen lassen (in dem Beispiel Java). Das war echt praktisch! Wenns aber ums erkennen von individuellen Schwachstellen, Motivation und Betreuung geht, gelangt auch die beste Machine Learning Technologie schnell an ihre Grenzen. Bin gespannt in welche Richtung sich die Anforderungen an Schüler/Wirtschaft und auch Lehrer verändern werden. Auch zb, ob das verstehen von Programmier-Syntax und theoretischen Ansätzen noch so wichtig sein wird. Einfaches Beispiel: Einfache Webseiten kann Chatgpt schon ausspucken. Sobald es aber darum geht, bestimmte Elemente in einem bestimmten Stil darzustellen, generiert ChatGPT Status quo zwar ein CSS. Die Einbindung und die Verbindung zur eigentlichen HTML Datei übernimmt das Ding aber noch nicht. Es liefert zwar eine Anleitung dafür. Das Grundverständnis muss aber trotzdem vorliegen. Ist ja ähnlich wie bei Wordpress und Co. Und das ist Erfahrungsgemäß gerade bei den jetzigen Schülern in der Masse erstmal nicht da.
Wie dem auch sei: Es bleibt spannend und wir alle müssen uns in irgendeiner Weise anpassen.
Was ich jetzt schon gut finde: "einfache" schriftliche Ausarbeitungen zu Hause alleine, werden in Zukunft so gut wie nicht mehr objektiv bewertbar sein. D.h. viel reines Gelaber fällt weg.
WiWi Gast schrieb am 04.04.2023:
Schreibe meine Diss gerade über ML/AI in der Finanzbranche und ich kann euch sagen:
KI entwickelt sich exponentiell. In <3 jahren wird die KI in allen Bereichen zu finden sein und 90% der klassischen Bürojobs machen können. Merke: Eine KI ist nicht einfach ein weiteres "tool" dass von einem Arbeiter bedient werden muss, sondern es ist ein digitaler, intelligenter Arbeiter... KI wird 90% der Bürojobs zu 90% wegrationalisieren.
Werden deshalb alle arbeitslos? Vermutlich nicht, aber die Arbeitszeit wird drastisch sinken. Gefährlich wird es vor allem für die Sachbearbeiter bei Banken und Industrie: Warum die teuren, faulen Sachbearbeiter in DE weiterbeschäftigen, wenn Produktion und KI im Ausland sind?
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