WiWi Gast schrieb am 24.01.2022:
Der Attraktivitätsverlust kommt imho hauptsächlich daher, dass durch die Geldflut alle Assets einfach so teuer geworden sind, dass die typischen Sparziele auch nicht mit einer 30% Gehaltserhöhung nicht erreicht werden kann. Das demotiviert natürlich alle Nicht-Shareholder, Nicht-Erben und Nicht-Hauseigentümer. Dazu kommt noch die Inflation.
Wenn wir nicht aufpassen und die Luft aus der Blase herauslassen, dann haben wir in einigen Jahren einen Aufstand. Viele hier werden das evtl. aus ihrem sozialen Umfeld nicht mitbekommen, aber das Fass läuft bald über. Und auch, wenn zu dieser Gruppe mittlerweile nicht mehr gehört, so kann ich es absolut nachvollziehen.
Korrekt, da wären wir beim Thema, dass die investierte Zeit/Geld/Energie in Ausbildung, Praktika, Weiterbildung, Networking etc. sich für viele nicht rentierten wird, da man massiv mehr verdienen müsste, um mit 50 finanziell gut abgesichert zu sein.
Deswegen haben viele Millenials ihren Fokus auf WLB gelegt, da sich das ganze Karriere-Theater der Vorgeneration für die meisten nicht mehr lohnt. Glück hat der, der Sachwerte erben wird.
Ein sehr guter Beitrag. Ich (und viele Bekannte) haben eine bestimmte Vorstellung vom Leben, Familie, 2 Kinder, Haus, Land oder Stadt egal. Bisschen Urlaub in Europa, Gebrauchtwagen reicht.
Um das zu finanzieren (in sinnvollem Zeitrahmen) hab ich mir mal ausgerechnet, brauchen wir ein Haushaltsbrutto von 400k/Jahr, falls wir in der Großstadt wohnen wollen und 200k/Jahr falls wir auf dem Land wohnen wollen (nur von der Immobilie getriebener Preis).
Beide Werte sind für uns unerreichbar (sind im Moment bei 140k/Jahr in der Großstadt), auch wenn wir richtig Gas geben im Job und beide Team- und Abteilungsleiter in den nächsten 5 Jahren werden, wären wir erst bei ca. 230k/Jahr in der Großstadt. Auf dem Land wäre eine vergleichbare Karriere in unseren Jobs garnicht möglich. Daher ist die einzig logische Wahl für uns, keine Karriere mehr anzustreben und das Leben zu genießen, auf 35h oder 30h gehen, noch die letzten Tarifstufen mitnehmen etc.
Wenn die Entscheidung gegen eine Immobilie gefallen ist (oder man ein erbt), lebt es sich auch mit 50k-100k Haushaltsbrutto wunderbar in der Großstadt.
In anderen Worten zum Haushaltsbrutto:
Von 0-50k lebt es sich nicht gut.
Von 50k-200k oder -400k in der Großstadt lebt es sich immer ziemlich gleich
Ab 200k auf dem Land oder 400k in der Großstadt gibts einen Sprung in der Lebensqualität
Wir haben mit einem HH Einkommen von 115k brutto eine Immobilie (Reihenhaus) in einer der "großen" Städte im Speckgürtel einer der teuersten Städte gekauft und brechen uns finanziell keinen ab, aber hauen das Geld auch nicht im Unverstand raus. Eine schicke 4-Zimmer Wohnung zur Miete wäre jedenfalls teuerer.. wenn wir 175k brutto hätten sind das grob gerechnet 30k netto mehr pro Jahr - also der Unterschied zwischen Skoda Octavia fahren und Audi A6 fahren + 4 Sterne Hotel statt AirBnB + Putzhilfe + mehr Geld zur Seite legen...
Mit 200k brutto kann man auch im Speckgürtel der Großstädte (außer vllt München) wunderbar leben und eine Immobilie kaufen. Selbst in den meisten Großstädten kann man damit etwas kaufen. Halt nicht die 200 qm Villa...
Die Behauptung, dass 50k und 200k keinen nennenswerten Unterschied machen ist leider völliger Unsinn.
Mit "Großstadt" war immer München gemeint, auch wenn das natürlich nicht richtig ist da in anderen Großstädten eine Immobilie schon mit weniger Gehalt finanzierbar ist, wie du sagst.
Die Behauptung dass 50k und 200k Haushaltsbrutto keinen nennenswerten Unterschied machen, ist natürlich bewusst provokant formuliert.
Da müsste man dazuschreiben wie man "nennenswert" definiert. Ich definiere es so, dass ich in dieser Spanne zur Miete lebe, ein Auto fahre, in Urlaub fahre, in Restaurants gehe, zu Kultur gehe und mit Freunden was mache.
Für mich ist es zwar ein Unterschied aber KEIN nennenswerter Unterschied ob ich mit Partner auf 70qm oder 150qm wohne, ob ich einen Golf5 oder einen Porsche 911 fahre, ob ich an den Gardasee oder auf die Malediven fahre, ob ich bei der Pizzeria gegenüber oder im 1-Sterne Restaurant esse, ob ich ins einfache Theater oder in die Staatsoper gehe, ob ich mit Freunden zuhause einen Kaffee trinke oder dazu ins 4-Seasons gehe.
Für andere Menschen mag sowas ein wichtiges Statussymbol sein, ich bin aber jeweils mit beiden Optionen ca. gleich glücklich, da ich jeweils alles habe was ich will, also ein Platz zum wohnen, wo alles reinpasst was ich habe, unabhängige Mobilität, Urlaub zur Entspannung, Essen auswärts, Unterhaltung mit Kultur oder mit Freunden.
Der Sprung in der Lebensqualität kommt für mich erst mit der eigenen Immobilie (Unabhängigkeit vom Vermieter) und die sind mit 200k Haushaltsbrutto in München noch nicht erreicht.
Auch wenn sich das oben nach Gejammere anhört, will ich noch ergänzen dass ich sehr glücklich bin mit meiner Lebenslage ohne Immobilie, aber ich aus obengenannten Gründen für mich beschlossen habe, dass sich Karriere (das ist für mich alles ab Abteilungsleiter, also ca. 130k aufwärts) für mich nicht lohnt, weil die Jobs, wo sich meine Lebensqualität verbessert (ab 300k aufwärts im Konzern) erst ab Bereichsleiter und 50-55 Jahren aufwärts erreichbar sind. Da brauch ich dann auch kein Haus mehr, da sind die Kinder ja schon wieder ausgezogen. Ein Sachbearbeiterjob für 100k im Jahr und wenig Stress ist für mich in Ordnung.
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