WiWi Gast schrieb am 25.11.2017:
Hallo, ich habe auch versucht mich in das Thema einzulesen, aber ich finde es extrem verwirrend. Ich habe unter anderem den Post den Users weiter oben gelesen, der dargelegt hat warum ich es für Besserverdiener nicht lohnt. Aber komischerweise steht im Internet oft das genaue Gegenteil (was ich nicht verstehe).
Es ist auch überall zu lesen, dass bei Entgeltumwandlung mindestens 20% des AG dazu kommen sollte, da er diesen Betrag spart. Ich arbeite bei einem IG BCE Konzern (doch eigtl so eine super Branche) und wir bekommen nur bis 500€ 13%, danach nichts. Kann das sein? Wenn noch einmal jemand halbwegs verständlich klarmachen könnte, bei welchen Konstellationen man gut fährt und wann man die Finger weglassen sollte, wäre ich unendlich dankbar!
Die Lukrativität der bAV hängt m.M.n. im Wesentlichen von folgenden Faktoren ab:
- Verhältnis zwischen tatsächlichen Einzahlungssumme und dem realen Nettoverzicht.
- Welche Rendite erwirtschaftet der Träger (Versicherung, Pensionskasse etc) und welche Kosten entstehen dabei.
Bzgl. 1) solltest du folgende Größen im Hinterkopf behalten:
1.1) 4% p.a. der Jahresbeitragsbemessungsgrenze (BBG) der gesetzl. Rentenversicherung. Im Jahr 2018 sind das 4% x 78.000 EUR = 3.120 EUR. Da die BBG jedes Jahr steigt, geht auch dieser Betrag jedes Jahr etwas nach oben.
Bis zu diesem Betrag einschl. etwaiger AG-Zuschüsse darfst du pro Jahr steuer- und SV-frei in die/eine bAV einzahlen - du zahlst deine bAV-Beiträge dann also aus dem Bruttogehalt. Da du Steuern- und Sozialversicherungsbeiträge sparst, kostet es dich effektiv (bezogen auf den Verlust an Nettogehalt) entsprechend weniger als die 3.120 EUR.
1.2) weitere 1.800 EUR, im Jahr 2018 also insgesamt 4.920 EUR darfst du steuerfrei einzahlen, jedoch nicht sv-abgabenbefreit. Liegt dein Bruttogehalt auch nach Abzug der umgewandelten Beträge noch oberhalb der BBG ist das Thema "SV-frei" sowieso egal, denn ob ohne oder mit Umwandlung - die SV-Beiträge bleiben die gleichen. Der steuerlich geförderte Maximalbetrag ist demach auch deutlich höher als bei Riester, wo es bei ~2.100 EUR p.a. schon aufhört.
1.3) Jeden EUR, den Dein AG beisteuert, reduziert innerhalb der genannten Grenzen deinen Eigenanteil und somit verbessert sich der Hebel zwischen "Einzahlungsleistung ins Rentenkonto" und "Nettoverzicht". Da dein AG in der Einzahlungsphase ebenfalls AG-Anteile zur Sozialversicherung spart, ist es nur fair, wenn er den gesparten Anteil in deine bAV einbringt. Einen verbrieften Anspruch hast du diesbzgl. nicht, wobei es im Zuge des Betriebsrentenstärkungsgesetzes - wenn ich mich recht erinnere - hier Änderungen gegeben hat.
Wichtig: bei der Steuerbefreiung der Beiträge handelt es sich nach aktueller Gesetzeslage nur um eine "Stundung" der Steuerzahlung, denn in der Auszahlungsphase wird die bAV voll versteuert. Als Gutverdiener (mit Spitzensteuersatz) spart man derzeit auf die umgewandelten Beiträge immerhin 42% Steuern + SolZ. Man darf davon ausgehen, dass man im Alter voraussichtlich einen niedrigeren individuellen Steuersatz haben wird.
Ebenfalls wichtig: Auf eine bAV-Rente zahlst du - nach aktuellem Stand der Dinge - auch Beiträge zur gesetzlichen KV. Einen Arbeitgeberanteil gibt es dann nicht, so dass du den vollen Satz von 15,x% alleine zahlst.
Auch wichtig: durch die Entgeltumwandlung reduzieren sich u.U. deine Einzahlungen in die gesetzliche RV und AV und damit deine Ansprüche im Leistungsfall. D.h. weniger Arbeitslosengeld bzw. etwas weniger Rentenpunkte.
Bei 2) gilt eigentlich - wie bei jeder Anlage - dass die laufenden Kosten des Anbieters möglichst niedrig sein sollten. Denn selbst 1% Kosten p.A. mindern auf einen typischen Einzahlungszeitraum von 30 Jahren die Rendite ganz erheblich.
Und natürlich sollten die angelegten Beiträge auch irgendwie Zinsen/Erträge abwerfen. Die Pensionskasse, bei der meine bAV verwaltet wird, schafft auch im Niedrigzinsumfeld von 3,x bis 4% jährliche Verzinsung. Viel mehr darf man bei vertretbarem Risiko nicht erwarten - es gibt aber durchaus Anbieter, die schaffen deutlich weniger. Ist auf lange Sicht natürlich schlecht planbar - immerhin kannst du dir die Renditeentwicklung in den vergangenen Jahren anschauen.
Zu deiner Frage bzgl guter und schlechter Konstellationen:
Unbedingt teilnehmen sollte man an einer bAV, wenn man hohe AG-Zuschüsse erhält und das Unternehmen einen günstigen Anbieter (Pensionskasse) mit der Abwicklung beauftragt, der zudem noch eine ordentliche Rendite erzielt.
Weglassen sollte man die Finger dann, wenn man gar keinen oder einen nur sehr geringen Zuschuss vom AG bekommt und man auch nur einen "miesen" Anbieter mit schlechter Rendite bzw. hohen Kosten hat.
Alles was dazwischen liegt muss man sich fallweise anschauen und lässt sich nicht pauschal beurteilen.
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