know-it-all schrieb am 21.09.2020:
Dass viele Aktien im Moment und im langjährigen Vergleich verhältnismäßig teuer sind, hängt wohl eher nicht mit "Inflation" zusammen, sondern einfach, weil die Märkte durch die Zentralbanken mit Geld geflutet worden sind --> nein; das führt wie wir seit einigen Jahren sehen nicht automatisch zu höherer Inflation. Dieses Geld will aber trotzdem irgendwo wieder angelegt werden und das sind u.a. eben Aktien.
Außerdem benügen sich in Zeiten von Null- und Negativzinsen die Anleger auch bei Risiko-orientierten Anlagen (=Aktien) mit einer geringeren Rendite, d.h. einem höheren KGV.
Also haben wir doch eine Inflation, aber nicht in dem teils absurden Warenkorb des Verbraucherpreisindex, sondern bei den Vermögenswerten.
Aktien, Immobilien, Edelmetalle, Kunst, Oldtimer, Uhren, Whisky, ... bei all dem galoppieren die Preise davon.
Ich kann das nur schwer einordnen, da ich nicht aus der VWL-Richtung komme. Aber in meinen Augen ist das natürlich eine Geldentwertung und eine Flucht aus Cash. Ich frage mich, weshalb hier im großen Stil aus Cash geflohen und "überteuert" Vermögenswerte gekauft werden, wo es doch hinsichtlich der Lebenshaltung keine Inflation gibt? Ohne Inflation braucht man auch keine großen Kapitalerträge zum Kapitalerhalt, das Sparbuch sollte also doch verglichen mit der Verlust- und "Blasengefahr" bei den Vermögenswerten eine attraktive Alternative sein? Oder traut man hier im größeren Stil dem Euro nicht mehr und stürzt sich deshalb auf Sachwerte?
Da die Verbraucherpreise nicht davon betroffen sind, stellt sich ein seltsames Gefühl der immer deutlicheren Entkoppelung von Kapital und Arbeit ein.
Das fühlt sich für Viele sehr ungerecht an, aber Aktienkurse und Goldpreis sind für die Masse abstrakte Größen ohne wirklichen Einfluss auf das eigene Leben und damit ohne gesellschaftliche Sprengkraft.
Die Stimmung kippt aber allmählich, weil mit der Assetklasse der Immobilien auch ganz unmittelbar die Kosten der privaten Lebenshaltung betroffen sind - und nicht zuletzt auch das gesellschaftlich suggerierte Aufstiegsversprechen: "Wenn Du nur genug arbeitest, kannst Du Dir mal ein schönes, eigenes Haus kaufen" nicht mehr gehalten wird.
Bei mir stellt sich angesichts dieser diffusen, düsteren Gedanken ein großes Unbehagen ein, was die Zukunft unserer Gesamtgesellschaft angeht und ich bin dankbar für jede Gegenmeinung.
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