WiWi Gast schrieb am 21.07.2020:
Lol. Ob es in der Schweiz unterm Strich dann besser ist, wage ich aber doch mal stark zu bezweifeln. Du verdienst zwar mehr und hast weniger Abgaben, zahlst aber auch das Zwölffache für alles (Wohnung, Essen, Klamotten, Autos, etc.). Realökonomisch ist es keine Verbesserung, in der Schweiz zu leben. Außerdem: Was willst du mit dem deutschen Pass denn anfangen? Dafür, dass du hier umsonst zum Arzt gehen darfst, wie es ja viele meinen, musst du nicht Deutscher, sondern gesetzlich krankenversichert sein, ansonsten zahlst du nämlich wie jeder andere Nichtversicherte erstmal selbst.
Also ich würde mir das nochmal überlegen, ob du abgesehen von dem Gefühl, es jetzt mal allen richtig gezeigt zu haben, da wirtschaftlich so eine sinnvolle Wahl getroffen hast :-D
Der Münchner/ Frankfurter/ Hamburger zahlt in der Schweiz ca 10-20% mehr.
Mein Netto ist von 2,6k auf 5k gestiegen, meine Miete von 730 Euro auf 980 Euro (2,5 Zimmer 65qm).
Die deutsche Staatsangehörigkeit behalt man als Notfallplan, wenn alles daneben geht, geht man zurück, klopft an die Tür und legt sich in die Soziale Hängematte (incl GKV).
Ja super. Nur die Miete zu berücksichtigen ist aber schon ziemlich kurz gedacht und zeugt nicht gerade davon, dass man das ganze wirklich ökonomisch durchdacht hat. Erstens sind die Lebenshaltungskosten insgesamt entscheidend und da kommst du mit deinen 5k netto in der Schweiz nicht wirklich weit, weil du nicht nur das doppelte verdienst, sondern auch in den allermeisten Fällen mindestens das doppelte zahlst (Essengehen, einkaufen, hier mal ein zwei Bier, etc.). Außerdem muss man natürlich die Miete in Hamburg dann auch mit der Miete am Zürichberg oder in Ascona vergleichen, wenn ich natürlich in einem Schweizer Kaff von der Größe Hoyerswerda wohne, dann ist der Vergleich mit Hamburg doch schon recht weit hergeholt.
Und wie sich das lohnt. Aufgrund der geringen Agglomeration bekommst du in jeder Stadt am Rand eine bezahlbare Wohnung. Was ist ein mehr an 2000€ Miete pro Jahr im Vergleich zu einem Bruttosprung von 50k auf 90k? Selbst wenn du frisst wie ein Schwein kannst du diesen Gap nicht mehr reinholen.
Ich habe den Wechsel in die Schweiz mal zum Spaß vorhin für uns durchgerechnet und war erschreckt, wie gering der Unterschied ist. Wir zahlen gerade unser Haus ab mit 1.300 Euro Rate pro Monat. Neubau, 185 qm, alle Extras, 10-15 Minuten vom Stadtzentrum einer Stadt, welche größer als Zürich ist.
An Eigentum ist in Zürich und Umgebung sicher nicht zu denken. Ich habe nach Häusern zur Miete geschaut bis ca. 30 Minuten außerhalb lt. Google Maps. Habe aber auch gelesen, dass der Verkehr heftig sein soll, vielleicht sind die 20-30 Kilometer außerhalb in der Rush Hour ja dann eher eine Stunde? Von der Lebensqualität auf jeden Fall eine heftige Einbuße. Trotzdem kostet so ein Haus etwa 3.500 Euro Kaltmiete. Also niedrigerer Standard als bei uns hier, keine Abzahlung mit Bildung von Eigentum, sondern reine Miete, älter, kleiner, viel weiter außerhalb.
Dazu kommt dann noch die Krankenversicherung, welche für 4 Personen etwa 1.000 Euro ausmacht. In der Schweiz beteiligt sich der Arbeitgeber nicht daran.
Wir verdienen hier inkl. Kindergeld etwa 5.500 Euro netto. In der Schweiz wären es lt. Lohncomputer mal angenommen 8.000 CHF und 3.500 CHF (Frau ist Krankenschwester in Teilzeit). Netto sind das 6.180 Euro und 3.040 Euro = 9.220 Euro.
Davon gehen 3.500 Euro Miete ab und 1.000 Euro Krankenkasse = 4.720 Euro verbleibend.
In Deutschland 5.500 Euro - 1.300 Euro Abtrag und Krankenkasse bereits abgezogen = 4.200 Euro.
Der Strom ist billiger in der Schweiz, aber für Nahrungsmittel müssten wir als vierköpfige Familie sicherlich viele hundert Euro darauf legen. Und in Deutschland ist unsere Wohnsituation trotzdem wesentlich besser und wir bilden Eigentum.
Also, für einen Single ohne Familie mit WG-Zimmer oder Grenzpendler mag es in den ersten Jahren gut sein, um etwas Geld zu sammeln. Als Familie hat man in Deutschland einen wesentlich höheren Lebensstandard.
Nur mal zum Vergleich, ich habe jetzt mit 96k CHF gerechnet für BWL-Stelle ohne Personalverantwortung und 52k CHF für 75-80% Krankenschwester (=53k-56k CHF für Vollzeit).
Hier in Deutschland verdienen wir "nur" 55k und 33k (=41-44k bei Vollzeit inkl. Zulagen, Zuschläge, usw.). Haben damit faktisch einen wesentlich höheren Lebensstandard als mit 89k Euro und 48k Euro in der Schweiz.
88k Euro vs. 137k Euro. 56 % Mehrverdienst, trotzdem in der Schweiz nur ein schlechterer Lebensstandard möglich.
Wenn ich etwas Vergleichbares mieten würde, was ich hier finanziere und was irgendwann mal mir gehört, reichen die 3.500 Euro Kaltmiete nicht. Sowas gibt es sicher kaum in Zürich und wenn, dann für 5.000, 6.000 Euro Kaltmiete oder mehr. Von Eigentum kann man ganz absehen.
antworten