Wirecard das Enron für EY?
WiWi Gast schrieb am 03.04.2021:
Was ich mich frage ist, warum gehen hier anscheinend alle von einer fehlerhaften Prüfung von EY aus?
Nun, wir kenne alle nicht den genauen Prüfungsauftrag, aber wenn es sich um eine "übliche" Jahresabschlussprüfung handelt, dann umfasst der Prüfungsauftrag doch gerade nicht die Prüfung auf Betrug/gefälschten Unterlagen und geht von der Korrektheit der vorgelegten Unterlagen aus (und sagt dies auch normalerweise explizit im Prüfungsbericht nach den gängigen deutschen Prüfungsstandards) - sie prüfen doch dann nur die korrekte Rechnungslegung auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen, welche sie sich in der Vollständigkeitserklärung als korrekt bestätigen lassen.
Ganz anders sieht es bei einer Sonderprüfung wie die von KPMG aus.
genau solche Vorgänge sind mir in der eigenen Prüfungsarbeit vorgekommen - anderes Institut prüft Jahresabschluss des Vorjahres, testiert und wir haben einen Auftrag zur Prüfung auf möglichen betrug erhalten (und gefunden) - beides korrekt gelaufen und keinerlei Haftungsfragen der Prüfer - sondern nur des Geschäftsführers und ggf des Aufsichtsrates.
Wenn EY allerdings hinweise auf fehlerhafte Unterlagen gehabt hat oder vorgeschriebene Prüfungshandlungen nicht ausgeführt hat (und das umfasst nicht, dass sie jeden Fehler finden müssen, denn die Prüfungsstandards schreiben ja gerade explizit Stichprobenprüfungen nach Risikoeinschätzungen vor und gerade keine vollständige Belegprüfung, was heutzutage bei der Größe auch praktisch nicht mehr möglich wäre) nur , sieht das natürlich anders aus - davon wissen wir aber bisher nichtsDaher ja immer die Frage, wie denn bitte die Umsatzerlöse geprüft worden sind und welche Leistungsnachweise man sich hat zeigen lassen.
Komplett ins blaue geraten würde ich sagen, dass EY einmal die generelle Buchungslogik nachvollzogen hat und sich anschließend im Zusammenhang mit der SB-Aktion den Jahresumatz vom Treuhänder hat bestätigen lassen. Als Prüfungshandlung für Umsätze und Forderungen wäre das auch so ausreichend.
Der ganze Komplex zielt deshalb je explizit auf die Bankbestätigungen weil es hier eben nicht eindeutig ist. Die aktuelle Verteidigung von EY ist ja dass die Bestätigung des Treuhänders reicht und dass es vertraglich zwischen Wirecard und dem Treuhänder festgehalten war, dass keine Vollmacht über das dahinterliegende Bankkonto erteilt wird. Das halte ich auch für einleuchtend weil es keinen Sinn macht einen Treuhänder zu beauftragen wenn man sich doch selber um das Konto kümmern will/muss und dafür haftet.
Ob man da nicht trotzdem "härter" hätte prüfen können oder eben ein Vermerk im Jahresabschluss gerechtfertigt war müssen jetzt Gerichte und Sachverständige klären. Von dem PUA erwarte ich da eher wenig...
"Die aktuelle Verteidigung von EY ist ja dass die Bestätigung des Treuhänders reicht und dass es vertraglich zwischen Wirecard und dem Treuhänder festgehalten war, dass keine Vollmacht über das dahinterliegende Bankkonto erteilt wird."
Dann bleibt die Frage, ob ein Ausweis als Cash angemessen war
Wenn der Treuhänder bestätigt dass dort Sichteinlagen liegen und Wirecard diese laut Vertrag selber verwenden kann wüsste ich nicht in welcher Bilanzposition man das separat ausweisen sollte? Wenn überhaupt hätte hier in der Bilanz oder im Jahresabschluss eine Anmerkung gemacht werden können. In wieweit sowas aber verpflichtend ist oder ob sowas erfolgt ist weiß ich zugebenermaßen nicht da ich mir dann doch keine 200 Seiten Jahresabschluss durchlese.
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