WiWi Gast schrieb am 30.10.2020:
Ich möchte weder dich noch den TE persönlich angreifen und ich denke ein sachlicherer Ton hilft eher in der Diskussion.
Der TE hat explizit nach Gründen gefragt an denen es gelegen haben könnte und nicht nach Bestätigung für das wirklich sehr starke Profil. Das einzige was ich hier auf Basis der Informationen ausmachen kann, das nicht durchgehend top 5% ist, sind die Noten. Das gilt für den Bachelor und vermutlich auch für das Abi.
In normalen Zeiten ist das wahrscheinlich kein Absagegrund aber aktuell kann es halt schon sein. Auf eine wahrscheinlich deutlich verkleinerte Zahl von Stellen kommt eine noch weiter erhöhte Zahl von Bewerbungen. Dass BWLer dann auch noch den Großteil der Bewerbungen stellen und die top 5% vermutlich auch inhaltlich vergleichbare Praktika vorweisen, macht die Sache nicht leichter.
Es bringt nichts, wenn du eine gelassenere und sachlichere Diskussion forderst, dann aber hinten raus immer wieder gegen BWL'er Spitzen verteilst. Auch bringt es nichts wahllose Grenzen (Top5%) einzustreuen. Niemand in der Praxis schaut sich jede Nachkommastelle bei Noten an. Es gibt Richtwerte und wenn sie überschritten wurden, werden andere Dinge wichtig.
Mal ein paar tiefgründigere Gedanken, da gerade nichts zu tun ist:
Wenn man dem TO einen Vorwurf machen kann, dann dass er damals lieber anstatt des Risikos für die allseits beliebte Kante im Lebenslauf das dritte oder vierte "namhafte" Praktikum gemacht hat. Das ist auch vollkommen verständlich, sorgt aber auch dafür, dass er in Zeiten von Corona einfach nur einer von sehr vielen ist, die dieses "Problem" haben. Es herrscht nunmal Einstellungsstopp bis Anfang nächsten Jahres - oder Ostern - oder länger, weil die aktuelle Projektierung bei den UBs dank der jüngsten Entwicklung nicht abgeschlossen werden kann. Darunter leiden dann alle UBs die gerne nach Lust und Laune restrukturieren möchten, weil... nun darauf haben sie ja Jahrelang hingearbeitet. Nur leider bremst die Politik mit Logdowns, was die Kundenseite (der UBs) sehr zögerlich agieren lässt. Also im Klartext, alles wird nach hinten verschoben.
Was man dagegen machen kann? Nun, ganz einfach: Nichts. Ich erinnere mich an die letzte Finanzkrise, wo in London die Absolventen der Top-Schools teilweise an den U-bahnausgängen der City ihre CVs verteilt haben. Es sind halt einfach verlorene Monate, die man auch nicht mit irgendwas aufholen kann. Es gibt kein Patentrezept dafür was jetzt besonders diejenigen hart trifft, die gedacht haben, dass eine Karriere immer nach Plan funktioniert, wenn man sich denn nur an die Regeln hält. Und es trifft vor allem diejenigen hart, die in den letzten acht bis zehn Jahren Abi gemacht und studiert haben. Denn sie kennen es schlicht nicht. Als ich damals im Studium mein erstes Praktikum in einer großen Bank gemacht hatte, wurden in der Nachbarabteilung (Aktienresearch Inhouse, sowas gab es damals noch) 48 von 50 Leuten entlassen oder in andere Abteilungen "versetzt". Man kann sich die Stimmung vorstellen, die in dem Jahr geherrscht hat.
In den höheren Entscheidungsebenen der Unternehmen kennt man diese Zeiten natürlich auch noch. Vielleicht sind auch jetzt einige Manager dabei, die damals an der U-Bahn gestanden haben. Denn natürlich haben diese später alle einen Job bekommen. Nur weil man ein paar Monate nach dem Abschluss nicht gearbeitet hat, ist ja die Karriere nicht im Eimer.
Ich erwarte auch nicht von zukünftigen Bewerbern, dass sie mir die allgemeine Corona-Schwäche als eine persönliche Stärke verkaufen wollen - was für ein Bullshit. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es genügend Bewerber geben wird, die nächstes Jahr genau das tun werden. Warum? Weil es mal wieder einen Markt geben wird, wo alle hereinpreschen, dass es doch bitte die und die Dinge während Corona gegeben haben muss, die den persönlichen Erfolg versprechen. Und die Worthülsen in den Lebensläufen und Anschreiben gleichen sich relativ schnell wieder an.
Was man jetzt tun kann? Nun - die Unternehmen, um die es hier geht erwarten dass man ungleichförmig ist - man könnte auch sagen "kreativ". Jemand der von einer namhaften Uni kommt und namhafte Praktika vorweist signalisiert, dass er weiß wie das Spiel gespielt wird. Er hat jetzt also ein wenig Luft zu zeigen, dass er auch mit ungewohnten Situationen fertig werden kann.
Was heiß das nun genau - nun, das ist das schöne an der Sache. Gäbe es diese eine Lösung, würden sie ja alle machen.
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