Die Ansprüche und schwachen Realitätsbekundungen hier sind wirklich köstlich.
Am besten ist das Kerlchen, was sich selbst als überdurchschnittlich bezeichnet. Vorweg: Ich war ähnlich. Ich bin nach meinem Master in die T1 UB eingestiegen und habe mich nach 6 Jahren mit 30 Jahren vom Acker gemacht. Ich habe mehr verdient als ich mir je vorstellen konnte.
Aber: Überdurchschnittliche Leistungen im Studium sind zwar ein Indikator aber noch lange kein Garant für performance on the job. Ich habe so viele Kollegen kennengelernt, die einfach nach 2 Jahren "gegangen worden sind". Wir reden hier von den Besten eines Jahrgangs. Zu meiner Zeit wurde Up or out noch etwas härter gelebt als heutzutage.
Es ist sehr verstörend, dass diese Branche sowie das IB oder "Dax 30" hier als Standard gilt. Auch hier vorweg: Ich habe nur Dax30 beraten und die Payroll ist nicht so, wie hier oft angenommen wird. Sie ist stark, aber als einfacher! Sachbearbeiter kommt niemand auf über 85k. Die letzte Entgeltstufe ist zudem nicht sicher und dort kommt man eben nicht automatisch hin. Das höchste Gehalt, was ich auf der Payroll ohne Führungsverantwortung gesehen habe, war ein Ingenieur. Er war Referent in einer Art Produktmanagement/technischem Vertriebs "cross-over" und ist viel gereist. 120k hatte er mit Zielbonus. Danach kam lange gar nichts an "Sachbearbeiter"-Comps.
Hochbezahlte Einstiegsjobs wie diese werden über 99% der User hier nicht erhalten. Bei meinem ehemaligen Unternehmen konkurriert ihr zudem stärker als im IB mit MINTlern.
Aber jetzt zum eigentlichen Hauptproblem: Ich glaube, hier verstellen sich viele. Denn so wie manche hier erscheinen, absolut arrogant und kühl, kommt man nirgendwo weiter. Arschlöcher mit guten Noten bleiben Arschlöcher und im Gegensatz zu früher hat sich das Leadership verändert. Mit dem gefühlskalten Autokrat will niemand arbeiten. Ich hatte mal einen Engagement Manager, der durch seine Art nicht mal ein Jahr Führungskraft geblieben ist. Er hatte sich anscheinend bis zu dieser Stufe verstellt und mit steigender Autorität sein wahres Ich gezeigt. Was ist denn aus den vielen Studenten von früher geworden, für die Ziele nicht nur monetär waren? Ich habe damals über 300.000 Euro in der Beratung pro Jahr verdient aber das hat mich nur bedingt erfüllt. Es hat mich richtig angekotzt. Meine Frau und ich haben Probleme bekommen und standen kurz vor der Scheidung, weil meine Tochter auf dem Weg und ich nie Zuhause war. Außerdem habe ich nichts geschaffen. Als ich eingestiegen bin, war ich ein arroganter kleiner Lackaffe, der sich gefühlt hat, wie der Mac. Es mag abgedroschen klingen, aber ich habe mich bewusst und aufgrund der Arbeitszeiten gegen unglaublich viel Geld entschieden. Ihr denkt alle sehr materiell. Hier wird so gut wie niemand mit 50 von paar Kapitalerträgen leben. Was passiert, wenn ihr mit 35 abkratzt? "Er outperformte stehts alle Erwartungen". Toll. Der große Arbeitgeber hilft der Familie bestimmt bei der Trauer. Ausgesorgt bis dahin hat man auch nicht, da die Ansprüche an Konsum mit dem Umfeld steigen. Die gesellschaftliche Abstiegsangst wird zudem bei Leuten, die so denken wie viele aus diesem Forum, ebenfalls exponentiell steigen.
Wichtig ist, dass ihr tatsächlich! glücklich seid. Wenn ihr das nur mit hohem Einkommen schafft, dann tut mir das leid aber ich wünsche trotzdem jedem hier das Beste für seine Zukunft. Ich bin nach wie vor so rational zu schreiben, dass ein gewisses Gehalt für ein sorgenfreieres Leben und mehr Möglichkeiten notwendig ist. Das sind aber keine 200k. Macht eure Karriere und gebt gerne Gas, aber vergesst einfach nicht eure soziale Umwelt. Dann seht eure Karriere lieber kurzfristig als Mittel zum Zweck. Und Löst euch von (materiellen) Vergleichen.
Wann hat man es für mich geschafft? Wenn man ich ist. Das mag arrogant klingen, aber für mich habe ich es geschafft. Denn ich bin momentan zufrieden. Ich habe den Absprung geschafft, obwohl man mich sogar mit mehr Geld halten wollte. Jetzt habe ich mein Häuschen, meine Familie ist gesund und mein zweites Kind ist im Anmarsch. Arbeiten tue ich in meinem eigenem Cafe und manchmal für ein kleines Honorar für Bekannte aus dem Mittelstand. Mich hätten im Nachhinein auch andere Wege an dieses Ziel gebracht. Klar, ich habe etwas mehr Geld für schlechte Zeiten als andere, aber bis auf ein bisschen Beruhigung gibt mir das nichts mehr. Materiell habe ich auch nur eine Sache, die ich mir damals gegönnt habe: Einen alten Ford Mustang. Den bekommt man aber auch, ohne Unternehmensberater zu sein!:)
Aber wer es für mich auch geschafft hat: Ein ehemaliger Schulfreund. Er hat fast das gleiche Leben wie ich, nur mit einem normalen Job und damals normalem Studium. Er hat sich aber von Anfang an für einen gediegeneren Weg entschieden und ist absolut zufrieden, auch mit weniger Geld. Er hat seine 20er zudem etwas mehr genießen können als ich. Er ist weder für mich noch die Gesellschaft deswegen weniger wert. Er ist einfach zufrieden und hat es geschafft.
Ein langer Text. Aber bleibt einfach entspannt und macht das, was euch Spaß macht. Ein bisschen Geld sollte dabei immer rumkommen, aber ihr werdet auch mit 70 oder 80k eure Kinder glücklich aufwachsen sehen.
Lounge Gast schrieb:
Hallo,
um mal eure Sichten von "Karriere" zu
quantifizieren und den ganzen Kram à la Big 4, UB, IB, KMU,
Target, Non-Target zu relativieren, würde ich euch gerne
fragen, ab wann ihr von einer erfolgreichen Karriere (rein
monetär) spricht.
80k, 100k, 200k p.a.?
Am besten noch die Wochenstunden hinschreiben.
Urlaub gehen wir mal von 30 Tagen aus.
Meine Meinung:
120k / 50 Std. Woche
Ich möchte nicht von den 0,1 % sprechen, die deutlich mehr
verdienen können, sondern von einer soliden
"Karriere".
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