WiWi Gast schrieb am 29.05.2021:
Ich mache die Aufgaben so gut ich kann, aber es fehlt mir an Einarbeitung/Training [...]
Ich wollte fragen, ob jemand die gleichen Erfahrungen gemacht hat
Die Erfahrung, dass gerade in der Anfangszeit die Einarbeitung verbesserugsfähig wäre, hat wohl so ziemlich jeder gemacht, der bei einer Big4 angefangen hat,. Über alle Service-Lines hinweg ist der bevorzugte Weg des "Schwimmunterrichts" den Neueinsteiger direkt ins kalte Wasser zu stoßen.
Als Anfänger hatte mich das damals auch irritiert, aber
a) lässt es die hohe Arbeitsauslastung gerade in den Wintermonaten anders kaum zu. Hab vielleicht einmal etwas Geduld, ob das im Sommer besser wird und die Kollegen auch einmal mehr Zeit haben um Dinge zu erklären.
b) entspricht dies tatsächlich auch weiterhin dem Tempo und der Arbeitsweise in den Big4. Gesetze ändern sich häufig, Themen sind vielseitig. Eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Einarbeiten in neue Themen ist unverzichtbar.
In einem guten Team wird frühzeitig kommuniziert, welches Maß an Eigenständigkeit erwartet wird und die Feedback-Kultur, ist so ausgeprägt, dass man (wenn schon nicht im Vorfeld) zumindest im Nachgang aus den Fehlern gut lernen kann - und der Neueinsteiger nicht einfach nur in seiner Überforderung ertrinkt.
Aber generell: Willkommen in der Big4. Niemand hat behauptet, dass es bei uns einfach wäre... außer natürlich man hat auf die "High-Potentials von der Target-Uni" im Wiwi-Treff gehört.
Mit meinem Vorgesetzten hab ich nicht das beste Verhältnis.
Das ändert die ganze Sache dann von einer herausfordernden Stelle mit viel Eigenverantwortung zu einer unangenehmen Veranstaltung.
Persönlich würde ich eigentlich immer empfehlen, konstruktive(!) Kritik und konstruktive(!) Verbesserungsvorschläge erst einmal beim direkten Chef anzubringen. Nicht, weil der dann unbedingt dein Problem löst, aber konstruktiver Input zeigt, dass du konstruktiv denkst und ist vielleicht einmal eine Chance das Verhältnis zumindest auf fachlicher Ebene zu verbessern.
Zudem würde ich niemand vorauseilend übergehen, bevor man ihm nicht zumindest einmal die Chance gegeben hat, selbst aktiv zu werden.
Ganz generell aber nochmal:
Ich weiß nicht, wie lange die Busy Season im Tax in der Regel geht, aber zumindest im Audit wird es ab Juli spürbar ruhiger. Gerade die Zeit von November bis März ist auch für unsere Neueinsteiger regelmäßig hart hinsichtlich der Kombination aus fehlender detaillierter Einarbeitung und zugleich Erwartungshaltung einer guten Qualität.
Über zeitnahe Feedbacks bekommen wir da in der Regel die Stimmung ganz gut hochgehalten, aber je nach Persönlichkeit, haben auch wir immer mal Kollegen, die sich im ersten Sommer fühlen, als wäre ein halbes Jahr lang ein Zug über sie drübergerollt.
Schau mal, ob du in den ruhigeren Sommermonaten jemanden findest, der die Zeit hat, mal ein paar grundlegende Fragen mit dir zu klären. Wenn du die Sorge hast dabei inkompetent zu wirken, leite es einfach ein mit etwas wie:
"Ich habe ein paar Punkte, bei denen ich mir manchmal nicht komplett sicher bin, ob es so, wie ich es umsetze, zu 100% korrekt ist. Könnten wir diese vielelicht einmal kurz durchsprechen?"
Der Anspruch an höchste Qualität ist nichts, was dir ein qualitätsbewusster Kollege negativ ankreiden würde.
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